Flachdach: Ja oder nein – was ist zu beachten?

Ein modernes Wohnhaus in der Dämmerung mit Flachdach ist zu sehen. Der Garten ist verschneit, im Inneren sind die Lichter an.Foto: © Stephan Bechert, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Für die einen ist es der Inbegriff der modernen Architektur, für die anderen ist es eine ästhetische Entgleisung: das Flachdach. Doch wie man nun zu dieser Dachform auch stehen mag – sie bringt ohne Frage doch einige Vorteile mit sich. Was spricht also für sie und was vielleicht auch gegen sie? Und falls man sich für das Flachdach entscheidet – was gilt es noch alles zu beachten? Lesen Sie im Folgenden alles Wichtige zu diesem Thema!

Was ist ein Flachdach?

Das entscheidende Kriterium, damit eine Dachkonstruktion als Flachdach bezeichnet werden kann, ist definitiv das vorhandene Gefälle. Liegt die Neigung unter 10°, so kann man definitiv von einem vollwertigen Flachdach sprechen. Manche Quellen arbeiten sogar nur mit Werten von maximal 5°. Ebenfalls wichtig ist der Punkt, dass die Dachhaut von Flachdächern als Dachabdichtung ausgeführt wird. Demzufolge gibt es hier auch quasi nie eine Deckung mit Ziegeln.

Entwicklung von flachen Dächern

Wer Flachdächer für ein Ungetüm der Moderne hält, den müssen wir enttäuschen. Denn diese Bauweise gibt es schon seit der Antike. So wurde beispielsweise nachweislich um 3000 v. Chr. in Regionen mit Wüstenklima bereits ein solches verwendet. Dort wurden sie sogar schon als eine Art Dachterrasse genutzt. Auch die Hängenden Gärten von Babylon zeichnen sich durch solche Konstruktionen aus.

Im Laufe der Zeit verschwand dieser Stil nie ganz, nahm in unseren Breitengraden aber erst im 20. Jahrhundert, um genau zu sein im Zuge des Bauhauses, noch einmal richtig Fahrt auf. Die klaren Strukturen, die eine solche Dachform mit sich brachte, entsprachen definitiv den architektonischen Ansprüchen der 60er Jahre.

Seit diesem regelrechten Boom findet man das Flachdach auf eigentlich jedem Gebäudetyp: ob Ein- oder Mehrfamilienhaus, Wohnblocks, Plattenbauten oder Hochhäusern. Auch Gewerbe- und Verwaltungsgebäude nutzen diese Bauform inzwischen sehr oft. Selbst Kirchen haben heutzutage Flachdächer. Und für diese Beliebtheit muss es gute Gründe geben.

Flachdach-Arten

Im Prinzip stellt man hier die Unterschiede der verschiedenen Arten fest, indem der Grad der geplanten Benutzung betrachtet wird. So gibt es zunächst einmal “nicht genutzt Flachdächer”. Diese dürfen nur zur Wartung betreten werden. Eine leichte, extensive Begrünung ist möglich, das bedeutet, Moose, Gräser oder ähnliche Pflanzen ohne großen Aufwand dürfen hier wachsen.

Die sogenannten “genutzten Flachdächer” hingegen sind auch für den zeitweiligen Aufenthalt von Menschen konzipiert, d.h. eine Dachterrasse kann beispielsweise angelegt werden. Es ist zudem auch eine intensive Begrünung möglich, sprich Sträucher und Bäume mit Substrat, die einen regelmäßigen und höheren Pflegeaufwand mit sich bringen. Im Übrigen dürfen auf solche Dächer auch am Tragwerk befestigte Aufbauten aus technischen Anlagen angebracht werden.

Die letzte Art des Flachdaches ist die sogenannte “befahrbare Verkehrsfläche”. Denn obwohl auch auf den genutzten Flachdächern ein Befahren mit z.B. einem PKW möglich ist, so gehört für eine intensive Nutzung in dieser Art, wie es beispielsweise bei Parkhäusern oder auch Parkflächen auf Dächern von Einkaufszentren der Fall ist, noch mehr dazu. Die deutlich höhere Belastung muss bereits in der Grundkonstruktion berücksichtigt werden.

Worauf ist bei der Konstruktion eines Flachdachs zu achten?

Egal welche Art des Flachdachs es nun werden soll – an sie alle werden bestimmte Ansprüche gestellt, damit es mit der Zeit zu keinen Schäden durch beispielsweise Wassereinbrüche kommt. Was sind dafür die wichtigsten Punkte?

Das Tragwerk

Auf seinen Schultern lastet sozusagen das gesamte Dach. Dabei ist einiges zu beachten, denn die oberste, raumabschließende Geschossdecke ist i.d.R. auch Bestandteil der Dachkonstruktion. Sie besteht meist aus Stahlbetonmassivplatten, Profilblechen oder Stahlbetontragwerken. Seltene Varianten sind auch Konstruktionen aus Holz. Wichtig ist dabei aber, dass das Dachtragwerk und der Dachaufbau immer als Einheit gesehen werden muss, da sie sich gegenseitig bedingen.

Der Aufbau

Wie reihen sich die unterschiedlichen Schichten aus Dämmung, Abdichtung, Belag usw. übereinander? Das wird beim Aufbau betrachtet. Hier gibt es drei verschiedene Varianten: das Warmdach (nicht belüftet), das Kaltdach (belüftet) und das Umkehrdach (mit außenliegender Wärmedämmung).

Beim Warmdach wird die Dachhaut direkt auf der Dämmschicht angebracht. Dabei zeigt die Wärmedämmung nach unten zur Raumseite hin und wird nur durch eine Dampfsperre vor der durch die Decke diffundierenden Feuchtigkeit geschützt. Ist die Wärmedämmung über der Dachhaut, handelt es sich um ein Umkehrdach. So oder so ist es hier aber entscheidend, dass eine geeignete separate Belüftung eingesetzt wird, damit die normale Luftfeuchtigkeit nach außen gelangen kann. Sonst drohen langfristig Schäden.

Beim Kaltdach hingegen sieht der Aufbau wie folgt aus: Zwischen der wärmedämmenden Schicht und der Dachabdichtung befindet sich ein Raum mit Luft, der über Öffnungen an mindestens zwei Seiten des Daches verfügt. Dadurch kann die Feuchtigkeit von Innen problemlos nach außen gelangen.

Die Dachneigung

Dass ein Dach eine, wenn auch nur minimale Neigung braucht, ist dem Schutz vor Stauwasser geschuldet. Dieses kann nämlich auf Dauer zu ernsten Schäden führen. So wächst beispielsweise dadurch die Rotalge sehr schnell, was Verkrustungen nach sich zieht. Es kann auch zu einer Versprödung durch Weichmacherwanderung in Kunststoffbauelementen führen. In Kombination mit Sonnen- und damit UV-Strahlung können die Baumaterialien zusätzlich geschwächt werden. Außerdem können thermische Spannungen entstehen.

Aus diesen Gründen wird in den Flachdachrichtlinien auch eine Neigung von mindestens 2% (1,1°) in der Fläche und von 1% in der Dachkehle empfohlen. Bei einem Gefälle von 5% (2,9°) ist die Gefahr von Stauwasser allerdings geringer, da sich nicht mehr durch Ansammlungen von Schnee, Laub usw. so einfach Anstauungen bilden können. Im Übrigens verhält es sich mit dem Stauwasser und dadurch auch mit der Dachneigung anders, wenn das Flachdach intensiv begrünt ist. Hier wird die Feuchtigkeit den Pflanzen zugeführt, sodass ein Gefälle nicht unbedingt benötigt wird.

Die Abdichtung

Trotz minimalem Gefälle braucht ein Flachdach immer auch eine ordentliche Abdichtung. Bei einem Steildach übernimmt die regensichere Dachdeckung mit Ziegeln oder ähnlichem diese Schutzfunktion. Bei einem Flachdach braucht es hingegen eine wasserdichte Abdichtung. Diese muss außerdem auch widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlender Wärme sein. Übliche Materialien sind Bitumen-Schweißbahnen (heutzutage meist kunststoffvergütet) sowie Dichtungs- und Kunststoffdachbahnen.

Die Entwässerung

Stauwasser soll vermieden werden, darum braucht ein Flachdach auch unbedingt eine geeignete Entwässerung. Gemäß der DIN EN 12056-3 und der VDI-Richtlinie 3806 gibt es zwei Arten, dies zu bewerkstelligen. Zum einen kann die sogenannte Freigefälleentwässerung eingesetzt werden. Hier gelangt das Wasser durch mehrere Fallleitungen in eine im Gefälle verlaufende Grundleitung, durch die es schließlich abgeführt wird. Die (Unter-)Druckentwässerung hingegen arbeitet mit Unterdruck in den eben verlegten Rohrleitungen. Durch die schnelle Fließgeschwindigkeit wird das Wasser vom Dach abgezogen.

Der Belag

Ob es sich nun um ein genutztes oder ungenutztes Flachdach handelt – der Belag ist die äußerste Schicht und muss darum einfach passen. Insbesondere, wenn Menschen hier doch zeitweilig zugegen sind, muss er verkehrssicher und rutschfest sein. Geeignetes Materialien sind z.B. Kies, Natur- oder Naturwerksteinplatten, frostsichere keramische Platten, Holzdielen oder Betonplatten. Die Beläge können auch ganz unterschiedlich montiert werden, so zum Beispiel in einem Mörtelbett, auf Stelzlagern oder in einem Split- bzw. Kiesbett.

Vor- und Nachteile von Flachdächern

In den 60er Jahren gab es einen regelrechten Boom, was Häuser mit Flachdächer anging. Doch schnell gab es auch viele Beschwerden, da schwerwiegende Mängel wie beispielsweise einsickerndes Wasser zu Tage traten. Darunter hat der Ruf des Flachdachs leider gelitten. Doch inzwischen gibt es viele Neuerungen, die hier Besserungen bringen. Entsprechend kann man sich auch endlich wieder den Vorteilen dieser Dachform widmen und von diesen profitieren.

Was können Flachdächer besonder gut?

In Zeiten von Umweltschutz und Klimawandel sind natürlich Punkte, die sich darauf positiv auswirken, ein besonders kräftiges Argument. Das Flachdach weiß auf mehrere Arten hier seine Vorzüge nach vorn zu spielen.

  • Zum einen sind Häuser mit einem flachen Dach kompakt und bieten im Verhältnis zum Volumen eine vergleichsweise kleine Oberfläche. Dadurch kommt es zu einer deutlich geringeren Wärmeabstrahlung, wodurch Flachdächer ideal für Niedrigenergie- und Passivhäuser sind.
  • Sie bieten auch Raum für Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen, die wiederum Strom ins eigene Netz einspeisen können oder Wärme produzieren und dadurch insgesamt Kosten und Ressourcen sparen.
  • Auch eine intensive Begrünung der Dachfläche wirkt sich positiv aus, da sie zur Artenvielfalt und Flächenentsiegelung beiträgt.

In architektonischer Hinsicht bietet das Flachdach ebenfalls viele Vorteile und Möglichkeiten.

  • Zunächst einmal ist die gesamte Optik sehr modern, teilweise schon fast extravagant, was vielen Menschen gut gefällt.
  • Durch Lichtkuppeln lassen sich innenliegende Räume auf reizvolle Art erhellen.
  • Das oberste Geschoss gewinnt durch das Flachdach enorm an Wohnfläche dazu, da die sonst unvermeidlichen Schrägen wegfallen.
  • Bei gleicher Traufhöhe ist zudem ein größerer Lichteinfall auf dem Grundstück möglich, was sich gerade auch im Winterhalbjahr positiv bemerkbar macht.
  • Im Übrigen ist auch eine spätere Aufstockung des Gebäudes relativ einfach möglich, wenn die Statik dies erlaubt.

Gibt es Nachteile?

Tatsächlich sind Flachdächer deutlich wartungsintensiver als ihre schrägen Kollegen. Durch ihren Aufbau sind sie zudem anfälliger gegenüber Alterungs- und Feuchtigkeitsschäden. Stellt man solche Mängel im Übrigen fest, empfiehlt es sich meist eher, die gesamte Fläche komplett zu erneuern, als kleinteilig zu arbeiten. Dies ist natürlich ein Kostenfaktor, den es zu berücksichtigen gilt. Allerdings gibt es, da die Flachdächer eben auch viele Vorteile mit sich bringen, inzwischen auch verschiedene Fördergelder, die u.a. auch für die Sanierung eines solchen Flachdachs verwendet werden können.

Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass die Abdichtungsmaterialien (Bitumen, Kunststoffe) problematischer in der Herstellung und Entsorgung sind als vergleichbare Produkte von Steildächern (Metalldachdeckungen, Dachziegel und -steine). Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die Maßnahmen, die unbedingt zu treffen sind, wenn ein Flachdach in einer Region mit besonders starkem Schneefall gebaut werden soll. Denn hier muss die Konstruktion diese zusätzliche Last sicher tragen können. Ansonsten ist das gesamte Gebäude gefährdet.

Was gibt es noch zu beachten?

Abschließend wollen wir Ihnen noch einige Tipps und Hinweise zum Flachdach mit auf den Weg geben. Diese sind hoffentlich ebenfalls nützlich, wenn es darum geht, sich für oder gegen ein solches zu entscheiden.

Behörden, Bebauungsplan und Brandschutz

Ein Flachdach ist etwas ganz besonderes. Dies ist aber nicht immer erwünscht. Bevor man sich also in ein solches verliebt, sollte man zunächst einmal den örtlichen Bebauungsplan prüfen. Es gibt Kommunen, in denen diese Dachform gänzlich ausgeschlossen wird. Eine andere Art ist, dass eine bestimmte Dachneigung als Mindestmaß angegeben wird, wodurch Flachdächer meist ebenfalls außen vor bleiben.

Ein weiterer Punkt im Zusammenhang mit der Behörde ist der Brandschutz. Soll das Flachdach nämlich als zweiter Flucht- und Rettungsweg dienen, so braucht er verpflichtend eine Absturzsicherung. Zudem gilt das Dach als thermisch am stärksten beanspruchtes Bauteil. Kommt es also zu einem Brand, sollten zuvor bereits bauliche Brandschutzmaßnahmen (z.B. brandlastarme Dampfsperren, nichtbrennbare Dämmstoffe, Kunststoffbahnen statt Bitumen als Abdichtung) getroffen worden sein.

Regelmäßige Wartung

Theoretisch ist es unabhängig von der Dachform immer ratsam, regelmäßige Prüfungen des Zustandes vom eigenen Dach durchführen zu lassen. Beim Flachdach ist es aber tatsächlich nötig. Das Mindestmaß beträgt hier wenigstens 1x im Jahr, besser ist eine halbjährliche Kontrolle oder auch 3x jährlich. Nach besonders schweren Einwirkungen (z.B. durch ein Unwetter) sollte zusätzlich alles genau geprüft werden.

Die Wartung umfasst zum einen die Kontrolle des Abdichtmaterials, ob hier Undichtigkeiten zu erkennen sind. Zum anderen werden auch Unrat und Verschmutzungen entfernt, um ein ungehindertes Ablaufen von Wasser zu ermöglichen. Diese Aufgaben können Hauseigentümer entweder selbst durchführen oder aber eine Firma dafür engagieren.

Bilden sich vermehrt Pfützen auf dem Flachdach, obwohl die Wasserabführung frei ist? Dann sollte definitiv ein Fachmann zu Rate gezogen werden. Gleiches gilt für den Fall, wenn sich Schwitzwasser an der Decke des Obergeschosses bildet. Auch hier ist schnelles Handeln gefragt, da sonst Bauschäden und Schimmel die Folge sein können.

Was tun, wenn’s schneit?

Wie bereits angedeutet, ist Schnee eine besondere Belastung für jedes Flachdach. Ab einer bestimmten Menge sollte man ihn darum besser immer beräumen. Doch wann ist dieser Punkt erreicht? Das ist u.a. auch von der Qualität des Schnees abhängig. Ist dieser nämlich ein leichter Pulverschnee, kann bei vielen Konstruktionen auch eine Menge von bis zu 60 cm noch unproblematisch sein. Ist der Schnee hingegen sehr nass, wiegt er auch deutlich mehr. Hier können bereits 15 cm kritisch werden.

Moderne technische Messsysteme sind hier eine sehr nützliche Investition. Diese verfügen über ein zylindrisches Auffangbehältnis, das mit einer elektronischen Waage und einem Sender verbunden ist. Wenn es schneit, misst das Gerät so die entstehende Schneelast und übermittelt die Werte an eine Auswertungseinheit im Gebäudeinneren. An dieser wurde zuvor der Grenzwert eingespeichert. Wird dieser nun überschritten, gibt das System eine Meldung als z.B. SMS oder E-Mail an den Hausbewohner ab.

Flachdach – ja oder nein?

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Darum wollen wir den optischen Aspekt einmal außen vor lassen. Fakt ist jedoch, dass das Flachdach inzwischen wirklich viele gute Ansätze in sich vereint, die es durchaus als eine sinnvolle Dachform auszeichnen. Gerade die bessere Energieeffizienz ist in unserer heutigen Zeit einfach besonders wertvoll. Diese könnten sogar den höheren Wartungsaufwand wieder aufwiegen. Ob sich ein Flachdach wirklich für ein spezielles Bauobjekt eignet, sollte aber am besten immer in Absprache mit einem Architekten entschieden werden.

Quellen
www.wikipedia.org/wiki/Flachdach
www.baunetzwissen.de/…/bauarten-und-nutzungen-von-flachdaechern-155957
www.baunetzwissen.de/…/arten-von-flachdaechern-1122641
www.sanier.de/…/flachdach-ueberblick
www.meindach.de/…/flachdachsanierung-das-sollten-sie-beachten/
www.welt.de/…/Das-Flachdach-hat-seinen-schlechten-Ruf-zu-unrecht.html
www.komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/25887
www.dbz.de/…/dbz_Brandschutz_fuer_Flachdaecher_brandlastarme_Dachaufbauten_3084063.html
www.mein-bau.com/…/flachdach-jahrescheck-so-gehen-sie-bei-der-pruefung-und-reinigung-vor/